Labor Beethoven 2020: Virtuelles Festival
Als virtuelles Festival mit virtueller Ausstellung präsentiert die Akademie der Künste hier online das hinter verschlossenen Türen fertig produziertes Programm „Labor Beethoven 2020“ mit über 10 Uraufführungen, einer Klanginstallation (Werner Cee), einem Musiktheater (Novoflot) und einer Ausstellung („Labor 1802-2020“) rund um das Thema des Experimentierens.
Das ursprünglich für Mitte März geplante acht-tägige Festival sollte die musikalischen und interdisziplinären Ergebnisse einer vierjährigen Zusammenarbeit von jungen Komponistinnen und Komponisten aus Basel, Tel Aviv und Thessaloniki einer breiten Öffentlichkeit live zugänglich machen. Durch den wegen der Corona-Pandemie erforderlichen Shutdown konnten die Konzerte nicht vor Publikum aufgeführt werden und wurden stattdessen in Ton und Bild mitgeschnitten.
Diese neu entstandenen Werke können nun in ihrer musikalischen Vielfältigkeit und Experimentierfreude in einzelnen Filmen nachgehört und erkundet werden. Neben den experimentellen Uraufführungswerken „Aus dem Labor“ stehen Werke, die den experimentellen Geist der Beethovenzeit zum Ausdruck bringen. In Gastprojekte des Festivals werden Werke von Beethoven – die Pastorale-Sinfonie (Werner Cee) und die Oper Fidelio (NOVOFLOT) – zeitgenössisch dekonstruiert.
Die virtuelle Ausstellung „Labor 1802-2020“ führt wissenschaftliche Materialien, Klang- und Hörexperimente sowie Installationsansichten mit zahlreichen Videos und Musikbeispielen medial zusammen, die den Denk- und Experimentierraum des Projektes „Labor Beethoven“ abbilden und als Wissens- und Erfahrungsraum zugänglich machen. Sie spannen einen Bogen von historischen Experimenten in Musik und Physik aus der Zeit um 1802 bis in die Gegenwart.
Aus dem Labor
Vier Jahre traf sich eine Gruppe junger Komponist*innen (und Musiker*innen) immer wieder für intensive Arbeitsphasen mit Workshops, Diskussionen, Konzerten und Proben. Das Projekt „Labor Beethoven“ bot Zeit und Raum für die freie [...]
Vier Jahre traf sich eine Gruppe junger Komponist*innen (und Musiker*innen) immer wieder für intensive Arbeitsphasen mit Workshops, Diskussionen, Konzerten und Proben. Das Projekt „Labor Beethoven“ bot Zeit und Raum für die freie Entfaltung von Ideen und Konzepten – angeregt durch die Beschäftigung mit der Beethovenzeit und mit aktuellen Fragestellungen zu Raum, Instrumentation und Form. Entstanden ist ein einzigartiger Werkkorpus von Uraufführungskompositionen, in denen die beteiligten Komponist*innen aus Basel, Tel Aviv und Thessaloniki unter der Leitung von Caspar Johannes Walter, Dimitri Papageorgiou und Ruben Seroussi ihren individuellen Forschungsinteressen nachgegangen sind. Diese Uraufführungen sind komponiert für das Ensemble Adapter und ausgewählte Solist*innen.
Für Thanos Sakellaridis ist Musik nicht nur eine Sache der bürgerlichen Hochkultur, in vielen seiner Projekte aus dem Labor Beethoven hat er sie in den Kontext populärer Kulturen unserer Zeit gesetzt. Dazu gehört auch Science Fiction. Über sein Werk Dystopia (2020) für Ensemble schreibt er, es sei „ein imaginäres Tagebuch von Jacky 3.2, einer Sex-Roboter-Prostituierten aus der Zukunft. Jacky hatte ihr Bewusstsein an eine kultartige Religion aus den 60er Jahren verkauft. Ihr wurden ewiges Leben, unendliche Möglichkeiten und eine unbekannte Zukunft versprochen. Einige Tage nach diesem Handel wurde sie in einer dunklen feuchten Gasse nahe eines Flusses erstochen... Jacky 2.0, das erste Modell eines Klons dieser Jacky, erwachte am 14. September 2095. In dieser dystopischen zukünftigen Gesellschaft war sie gefesselt, dem Fleisch Vergnügen zu bereiten, in einer Welt des in Ewigkeit rastlosen Fleisches. Nicht einmal durch den Tod konnte sie entfliehen. Lief die Zeit eines Klons ab, stand bereits der Nächste bereit. Wer möchte so für immer leben? Das Stück ist der dritte Teil einer Trilogie, von der die ersten beiden Teile noch nicht geschrieben wurden und wahrscheinlich auch nie geschrieben werden.“
Noa Mick, SaxophonChris Moy, E-Gitarre
Mathias Engler, Schlagzeug
Uli Fussenegger, Kontrabass
Durch Reduktion erkennt Adrian Nagel im Inneren von weitgehend statischem Material das Potential für skulpturale Klang-Zeit-Gestalten. Stillleben [Akkordeon I] für Akkordeon und Elektronik verwendet „Klangmaterial, das von sich aus eine starke formale Kraft mitbringt, so dass für die musikalische Formfindung keinerlei Eingriff mehr notwendig ist. Der Reihe Stillleben [Akkordeon I – III] liegt eine solche bereits existente Form zugrunde. Der Balg des Akkordeons füllt sich beim Auseinanderziehen mit Luft, durch Zusammendrücken entleert er sich wieder. Neben dem dabei entstehenden Ton besitzt auch das Visuelle des Öffnens und Schließens eine besondere ästhetische Qualität. Bei der Zusammenarbeit mit einer Akkordeonistin stellte ich mir auf der immer gleichen Suche nach dem Extremen die Frage, in welche Länge eine solche Periode (Ausgangs- und Endzustand: geschlossener Balg) wohl gezogen werden kann?
Daraufhin stellte ich ihr die Aufgabe, sich den Ton zu suchen, der bei leiser, aber stabiler Dynamik die längstmögliche Klangdauer erreicht. Das Ergebnis überstieg meine Erwartung bei weitem: Statt den zwei bis drei Minuten meiner Schätzung dauerte der Ton fast elf Minuten lang. In meinem Stück wird dieses Ergebnis zum Ereignis.“
Für Faidra Chafta Douka ist der Kontakt zu den Interpreten entscheidend. Ihr Stück Stones für Solo-Kontrabass ist in besonderem Maße auf Uli Fusseneggers Virtuosität zugeschnitten. Dieser Kontrabass ist kein tiefes und schwerfälliges Instrument, er umfasst alle Register und seine Beweglichkeit ist die einer Geige.
Uli Fussenegger, KontrabassAusdrücklich erwünscht war im Labor Beethoven Eigeninitiative, die bis in die Strukturen hineinreichen konnte. Eine der ersten Fragen von Guy Rauscher war, ob er Batya Frenklakh, eine Kollegin aus Tel Aviv, als Ko-Komponistin in das Labor mit einbringen könnte. Seit 2018 entstanden so eine Reihe von Kompositionen, bei denen das bürgerliche Dogma des Schöpfers eines Werkes nicht mehr zutraf, die aber trotzdem alles andere als pluralistisch waren. Es scheint, dass sich hier zwei im Kern sehr verschiedene Persönlichkeiten auf gute Weise ergänzen. Beide schreiben über ihre inzwischen vierte Zusammenarbeit entangled particles, dass „die zwei Sätze, obwohl jeweils in eigener Raum-Zeit Region und jeweils eine eigene Identität zeigend, doch auf intime Weise seltsam und in Wegen jenseits der Vorstellbarkeit miteinander verbunden sind.“
Ensemble Adapter:Kristjana Helgadóttir, Flöte
Ingólfur Vilhjálmsson, Klarinette
Gunnhildur Einarsdóttir, Harfe
Matthias Engler, Schlagzeug
- Völkerwanderung
- Zeitgefühl
- Entwertung
- Das ausgewachsene Haustier
- Wöchentlich bin ich ...
Ari Rabenu hat die Möglichkeit einer „langfristigen Zusammenarbeit mit den Interpreten” im Rahmen von Labor Beethoven zum Kern seines mehrsätzigen Werks Trio (2016 – 2020) gemacht. Nach Teilpräsentationen in Werkstattkonzerten wird das Stück nun in Gänze uraufgeführt. Seine kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Musiker*innen von zone expérimentale beschreibt er so: „Jedes Mal gewann ich meine Ideen und meine Inspiration für die weiteren Sätze aus der gemeinsamen Erfahrung mit den Interpreten. Meine Arbeitsweise beim Komponieren veränderte sich. Durch die immer neuen Erfahrungen in der Zusammenarbeit erstreckte sich die künstlerische Erfindung über einen langen Zeitraum und wuchs parallel zu meiner Entwicklung als Komponist und Person.“ Der Einfluss äußerer Eindrücke auf die innere Persönlichkeit wird in reflektierter Weise zum Kern des Werks: „Wenn ich den gemeinsamen Grund der verschiedenen Sätze des Werks definieren müsste, würde ich sagen, dass sie alle mit Zeit zu tun haben. Genauer gesagt, gehen sie damit um, wie durch Zeit unumkehrbare Veränderungen in unserer inneren wie der äußeren Welt passieren und wie wir sie wahrzunehmen scheinen. In den Sätzen werden schnelle lineare Prozesse präsentiert und beharrlich fortgeführt und kehren nie zum Ausgangspunkt zurück. Damit wird die Willkürlichkeit, mit der die Zeit unsere Existenz beeinflusst, ausgedrückt.“
Zoé Pouri, ViolineFrancisco Olmedo, Posaune
Alice Belugou, Harfe
Manolis Ekmektsoglou hat immer den Schwung seiner Musik und die Kommunikation mit dem Publikum als Ausdruck von Freude verstanden. Über sein Stück Circus story: Taming the animals schreibt er: „Es ist normal anzunehmen, dass ein Schlagzeuger einfacher Tiere zähmen kann als ein Saxophonist. Ist es auch hier der Fall? Versuchen sie hier die Tiere eines chaotischen Zirkus’ zu zähmen oder vielleicht ihre eigenen chaotischen Seelen?“
Matthias Engler, SchlagzeugNoa Mick, Saxophon
Die Stücke für Instrumenten-Duos der griechischen Komponistin Faidra Chafta Douka sind skulpturale Raum-Zeit-Konstellationen, die sich in der ruhigen Atmosphäre der Ausstellungshalle entfalten.
“[…] Till finally you hear how words are coming to an end.
With every inane word a little near to the last.
And how the fable too.
The fable of one with you in the dark.
The fable of one fabling of one with you in the dark.
And how better in the end labour lost and silence.
And you as you always were.
Alone.”
(aus: Company von Samuel Beckett)
Elisabeth Wirth, Paetzold-Flöte
Francisco Olmedo, Posaune
Alice Belugou, Harfe
Karen Lorenz, Viola
Nikolaus Schlierf, Viola
NYJA von Anda Kryeziu setzt auf eine Pluralität der Eindrücke. Ein großes Ensemble wird noch durch Live-Elektronik mit Sensorsteuerung und eine 8-kanaliger Spatialisierung erweitert. Dabei wird das Konzertformat weit überschritten. Offene Formen und installative Konzepte durchmischen sich mit performativen Elementen.
Ensemble Adapter:Kristjana Helgadóttir, Flöte
Ingólfur Vilhjálmsson, Klarinette
Gunnhildur Einarsdóttir, Harfe
Matthias Engler, Schlagzeug
Gäste:
Chris Moy, E-Gitarre
Uli Fussenegger, Kontrabass
Anda Kryeziu, Klavier
Eleni Ralli hat ihre 4 Small Pieces at One Tone für ein Saxophon-Duo umgeschrieben. Das auskomponierte Schillern des einzelnen Tons steht im Zentrum: Der einzelne Ton entfaltet sich in vielfältigen Klangmöglichkeiten, so dass ein Dialog zwischen den zwei Instrumenten entsteht, auf der Suche nach einer Balance zwischen Akzent und Synchronisation.
Noa Mick, SaxophonDon-Paul Kahl, Saxophon
In Adrian Nagels Stillleben [Kontrabass] für Kontrabass und Elektronik werden die Klänge voneinander isoliert und jeweils einzeln betrachtet. Klangblöcken aus Flageolett-Klängen des Live-Kontrabasses werden aufgenommene Kontrabassklänge gegenübergestellt. Im Verlauf verschiebt sich die Wahrnehmung: Zunächst werden die Ereignisse für sich selbst wahrgenommen, dann entsteht ein Bewusstsein für die kleinen Unterschiede, das sich schließlich zum Gesamteindruck eines Bildes, des „Stilllebens“, zusammenfügt. Wie in vielen anderen Werken des Komponisten ist die Wahrnehmung selbst thematisiert.
Uli Fussenegger, KontrabassIn Love … von Manolis Ekmektsoglou ist ein intimes Stück: „ Ja, es ist was Sie denken ... vielleicht kitschig, vielleicht verträumt, umfasst dieses Werk alle meine Gefühle und emotionalen Ausbrüche während der letzten Zeit als ich verliebt war... Wann hatte ich zuletzt jemanden sagen hören, er wäre verliebt? Ich habe keine Ahnung ...“
Sara Gouzi, SopranEnsemble Adapter:
Kristjana Helgadóttir, Flöte
Ingólfur Vilhjálmsson, Klarinette
Gunnhildur Einarsdóttir, Harfe
Matthias Engler, Schlagzeug
Hier wird ein Instrument in den Mittelpunkt gestellt, dessen Rolle in der Musikwelt noch entwickelt wird: die Paetzold Blockflöte. Erst seit einigen Jahrzehnten gibt es diese Instrumente, die nicht mehr auf einem runden sondern auf einem rechteckigen Rohr beruhen. Diese zunächst aus Kostengründen motivierte Neuschöpfung ermöglicht zahlreiche neu zu entdeckende Klänge. In Thanos Sakellaridis’ Werk erreichen „rhythmische und gestische Muster, die langsam einem Prozess konstanter Wiederholung unterworfen werden, am Schluss wieder ihren Ausgangszustand”.
Max Volbers, Paetzold-FlöteElisabeth Wirth, Paetzold-Flöte
Beethoven, Reicha und CO
Beethovens Situation um 1800 zeigt Aufbrüche in vielen Gebieten, nicht nur in der Musik. In einigen wissenschaftlichen Disziplinen, in Physik und Mathematik, wurden die Grundsteine für ein neues Weltverständnis [...]
Beethovens Situation um 1800 zeigt Aufbrüche in vielen Gebieten, nicht nur in der Musik. In einigen wissenschaftlichen Disziplinen, in Physik und Mathematik, wurden die Grundsteine für ein neues Weltverständnis jenseits des Greifbaren gelegt, wie es dann von Einstein vollendet wurde. Dieses Visionäre überschreitet das anschaulich Vorstellbare. Die Spurensuche führt zu Cellowerken von Beethoven und Reicha (hier als Konzerteinspielungen mit Hammerklavier nachzuhören) und zu Analysen der Diabelli-Variationen und der Sturmsonate von Beethoven und den visionären „Practischen Beispielen“ von Anton Reicha sowie Experimenten des Physikers Ernst Florens Friedrich Chladni und des Akustikers Hermann von Helmholtz (in der Ausstellung „Labor 1802-2020“ vertiefend dargestellt).
Im Jahr 1801 schrieb Beethoven auf ein Thema aus Mozarts Zauberflöte seine sieben Variationen für Cello und Klavier Bei Männern, welche Liebe fühlen (WoO 46). Dieses eher zarte und schlichte Werk steht – 1801 komponiert – im direkten zeitlichen Kontext der Entstehung von einigen der ganz großen Werke Beethovens, wie der Sturmsonate op 31 / 2, komponiert 1801 / 1802.
Santiago Bernal Montaña, VioloncelloRosalia Gómez Lasheras, Fortepiano
1796 schrieb Ludwig van Beethoven seine ersten Cellosonaten F-Dur op. 5/1 und g-Moll op 5/2. Er wählte für sie den Übertitel Deux Grand Sonates pour Le Clavecin ou Piano-Forte avec un Violoncelle obligé. Schon das verweist auf die besondere Beziehung zwischen den zwei Instrumenten: Nicht mehr stand wie bei Mozart noch das Klavier im Zentrum, hier war das Cello ein gleichberechtigter Partner. Der Komposition ging die Begegnung mit Jean-Louis Duport, einem der größten Cellovirtuosen seiner Zeit, voraus. Entsprechend anspruchsvoll sind beide Partien, sowohl die Cellostimme, als auch der Klavierpart. Man möge sich vorstellen, zu einer der Klavier-Solostimmen aus den ersten zwei Klavierkonzerten gesellt sich ein entsprechend virtuoses Cello. Aber in diesem von jugendlicher Kraft und Frische durchdrungenen Werk ist Virtuosität bei weitem nicht alles - schon hier experimentiert Beethoven mit der Form. Es hat nur zwei Sätze von großangelegten Dimensionen (der erste Satz dauert insgesamt ca. 17 Minuten), wobei dem ersten Allegro eine weitgespannte und den Spätstil vorwegnehmende langsame Einleitung vorangestellt ist. Hier verweigert sich der Fluss der Zeit einer metrischen Einordnung vom ersten Moment an.
Santiago Bernal Montaña, VioloncelloRosalia Gómez Lasheras, Fortepiano
Beethovens späte Sonate, ein grüblerisches, klangfarbenreiches Werk von einzigartiger formaler Konzeption, spannt einen Bogen zu der am Vortag gehörten frühen Sonate. Wie jene ist sie zweisätzig, jedem der Allegro-Sätze ist allerdings eine langsame Einleitung vorangestellt. Während das erste Allegro mit einem deutlichen Einschnitt klar definiert beginnt, entwickelt sich das Schlussallegro assoziativ aus der vorangestellten Einleitung, als würde der musikalische Gedanke im Probieren und Innehalten erst entstehen - ein wunderbarer Moment von Freiheit und Losgelöstheit von jeglicher formaler Norm.
David Eggert, VioloncelloGili Loftus, Fortepiano
„Der Geist, eingeschränckt durch wenige Mittel, sucht Auswege (und findet sie) auf welche er vielleicht nie verfallen wäre; und so erreicht er seinen Zweck. ... dass uns manches beim ersten Anblick unmöglich scheint, dem wir endlich doch durch anhaltendes Forschen Realität geben können. …“
Diese zwei Bemerkungen finden sich in Anton Reichas Textband zu den Practischen Beispielen, philosophisch-theoretischen Anmerkungen von 1799 – 1802, die sich konkret auf Kompositionen beziehen. Sie könnten ein Motto für Reichas Labor sein, seinem als Forschung angelegten Dialog zwischen Musik und utopischen Gedanken. Reicha entwickelte musikalische Visionen, die erst Jahrhunderte später eingelöst werden: Atonalität, komplexe Metrik und Vieles mehr. Dass Reicha und Beethoven eng miteinander bekannt waren, könnte einen erfrischenden neuen Blick auf Beethoven ermöglichen.
Einrichtung für Cello und Fortepiano: David EggertDavid Eggert, Violoncello
Gili Loftus, Fortepiano
Gastprojekte
Beethovens Musik bildet immer wieder den reizvollen Anlass und Ausgangspunkt für zeitgenössische Aneignungen und künstlerische Kommentierungen. Für das Festival realisierte [...]
Beethovens Musik bildet immer wieder den reizvollen Anlass und Ausgangspunkt für zeitgenössische Aneignungen und künstlerische Kommentierungen. Für das Festival realisierte Werner Cee sein Projekt „de-symphonic“ zur Pastorale-Sinfonie als Klanginstallation mit Licht im Buchengarten der Akademie der Künste. Die Opernkompanie NOVOFLOT inszenierte „Fidelio“ als Freiheitsoper in einer Musiktheaterinstallation (Präsenz-Aufführungen sind für Herbst 2020 geplant). Und Marcus Schmickler aktualisierte den jubiläumskritischen Film „Ludwig van“ von Mauricio Kagel.
Weitere Dekonstruktionen von Pierre Henry (Dixième Sinfonie) und Peter Ablinger (Weiss / Weisslich 22) sind teil der Ausstellung „Labor 1802-2020“).
Werner Cee: de-symphonic
Novoflot: Fidelio
Ausstellung „Labor 1802-2020“
Die Premiere wird am 17.12.2020 in der Akademie der Künste nachgeholt.
Fidelio ist der erste Teil der Trilogie Wir sind so frei #1 – #3, die Novoflot dem Jubilar Beethoven widmen, die zwischen Oper und Klavierkonzert, musiktheatraler Ausstellung und Sinfonie, philharmonischer Raumerkundung und neu komponierter Musik entsteht.
Unterschiedlichste Instrumentalensembles, Sänger*innen sowie Performer*innen werden Aspekte der eigenwilligen kompositorischen Praxis Ludwig van Beethovens konsequent weiterdenken und in extremen räumlichen Dispositionen szenisch erkunden. Beethovens Neugier auf das Widersprüchliche dient hierbei als entscheidender Motor! Wir sind so frei #1 – #3 ist eine Betrachtung von 250 Jahren heftigster Auswirkungen eines singulären musikalischen Œuvres auf die Kunst der Gegenwart und die Gegenwart der Kunst.
Im ersten Teil der neuen Trilogie lassen Novoflot Beethovens Fidelio als Echo einer Freiheitsoper erklingen. In einer Ausstellungsperformance für Trompete, Sound-Installation, Tasten und Stimmen erscheinen inmitten eines Stelenfelds akustischer Quellen und Artefakte die Errungenschaften der französischen Revolution als längst vergessene Attribute. Das Trompetensignal, einst die heilbringende musikalisierte Botschaft vom vermeintlichen Happy End ist Grundstein einer Versuchsanordnung für den Trompeter Damir Bacikin, der im White Cube mit einem Ensemble von Performern das utopistische Potential der Oper sowie Beethovens musikdramaturgischen Findungsprozess untersucht. Dabei erklingen die Protagonisten der Oper als Stimmen aus dem Jenseits, die der Komponist und Pianist Antonis Anissegos in ein Kaleidoskop von Sound, Originalmusiken und Neukomposition verwandelt.
mit Antonis Anissegos, Damir Bacikin, Maxime Barbasetti, Konstantin Bez, Almut Kühne, Vicente Larrañaga und Renae Shadler
Stimmen aus dem Jenseits / Soundinstallation: Rebecca von Lipinski (Leonore), Narine Yeghiyan (Marzelline), Florian Hoffmann (Jaquino), Antony Shelley (Rocco)
Ludwig van, Kraftwerk – eine kritische Diskothek ist eine experimentelle Lecture zu Kagels Sicht auf die Beethoven-Rezeption um 1970 und Schmicklers Sicht auf die Diesjährige. Zentraler Bezugspunkt dafür ist Kagels Film Ludwig Van, den er 1970 anlässlich L.v. Beethovens 200. Geburtstag im Auftrag des WDR realisierte. “Wird Beethovens Musik gar missbraucht?“, fragt Werner Höfer in einem nachgestellten Internationalen Frühschoppen im Film. Kagel verhandelt in seinem Experimental-Film plurale Positionen zwischen den Artefakten der Erlebnisgesellschaft und den maßgeblichen Errungenschaften der Avantgarden des 20. Jahrhundert. Der darin verhandelte postmoderne „Gemüts- oder Geisteszustand” folgt keinen Einheitsobsessionen, sondern erfreut sich an einem irreduziblen Widerstreit der vielen Sprach-, Denk- und Lebensformen. Kagel hatte im Jahr der Premiere des Films die erst sechs Monate zuvor gegründete Band Kraftwerk in seinen „Musiksalon” nach Aachen eingeladen. Die Band spielte dort ein Konzert unter Bezugnahme auf Ludwig van Beethovens 15. Streichquartett Op.132. Der „Musiksalon“ war Kagels Installation in der von Irene und Peter Ludwig gegründeten Neuen Galerie in Aachen. Kraftwerk, inzwischen selbst zur Musikikone stilisiert, werden im Mai 2020 zu ihrem 50. jährigen Jubiläum ihr einziges Konzert in Deutschland bei BTHVN2020 bestreiten, einem von der Stadt Bonn initiieren internationalen Beethoven Festival mit hunderten von „Events”. Alle 250 Jahre wieder: Ist Beethovens Musik noch zu retten?
Eine Innenansicht der „Pastorale“: Der Klangkünstler Werner Cee bricht die sinfonische und zeitliche Struktur von Beethovens 6. Sinfonie auf. Die mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin fragmentiert aufgenommene Sinfonie wird in eine begehbare, multiperspektivische Klangtopografie umgewandelt. Wie in einer technischen Explosionszeichnung werden Motive und Stimmen aus Beethovens „Pastorale“ hervorgehoben, einzelne Instrumente und Instrumentengruppen isoliert. Perspektiven verschieben sich, es entfaltet sich eine sinfonische Klanglandschaft zwischen romantischen Orchesterklängen, Field Recordings und und objekthafter Plastizität: A symphonic soundscape.
Aus diesem Material entstehen zwei Installationen: eine kleinere an der Akademie der Künste und eine raumgreifende im Ruhrgebiet. Spielort der zweiten Installation ist das ehemalige Hütten- und Hochofenwerk Duisburg-Meiderich. Der heutige Landschaftspark Duisburg-Nord gehört zu den beliebtesten Natur- und Kulturlandschaften in Nordrhein-Westfalen, inmitten der Kolosse des Industriezeitalters.
Die Installation an der Akademie der Künste in Berlin ist die Exposition, die Vorstellung des thematischen Materials.
mit Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Vladimir Jurowski und Ralf Sochaczewsky (Dirigenten) Johanna Vollus und Peter Avar (Ton)
Eine Produktion von Deutschlandfunk Kultur, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und Hans-Flesch-Gesellschaft im Rahmen von BTHVN2020 in Zusammenarbeit mit der Akademie der Künste.

Werner Cee: de-symphonic. Kontra Punkt Berlin (2019 / 2020)
A Symphonic Soundscape





Labor 1802 – 2020
Ausstellung

Foto: mutesouvenir-kb, © Kai Bienert

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Aus dem Labor: ungewöhnliche Instrumentationen und Konstellationen
Eröffnungskonzert

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Beethoven und Sakellaridis
Kammermusik

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Aus dem Labor: Der offene Raum
Konzert

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Wir sind so frei #1 Fidelio
Ausstellungsperformance von Novoflot und L. v. Beethoven







